Für viele von uns völlig überraschend gab es in der Woche vor Ostern auf der Facebookseite von Carenado die Ankündigung, dass eine ATR 42 kurz vor dem Release steht. Und tatsächlich ist die Turboprop, die hauptsächlich auf Kurzstrecken eingesetzt wird, in den letzten Tagen erschienen und kann für ca. US$ 45 auf der Website des Entwicklers herunter geladen werden.
Die Liste der Features ist lang, allerdings darf man (wie immer!) nicht vergessen, wofür Carenado steht - und wofür nicht. Die Maschine ist von außen und innen rundum gelungen. Die Proportionen stimmen, die Texturen sind messerscharf und im P3D ab v4.4 lassen sie sich in PBR-Qualität bewundern. Auch der Sound kommt zunächst sehr gut. Allerdings wundert man sich im Cockpit über manch eine Sirene oder andere Warntöne, die dem Piloten mangels Dokumentation zunächst wegen sagen.
Wenn man sich an dem tollen Modell mit seinen Super-Texturen satt gesehen hat, kommt allerdings leichte Ernüchterung auf. Wie immer beschränkt sich Carenado bei der Dokumentation auf das Allernötigste. Wer z.B. die Motoren manuell starten möchte, hat dafür lediglich die Normal-Procedures-Checklist zur Verfügung. Auch eine Anleitung für den Autopiloten gibt es, ein paar Referenzwerte bzgl. der Geschwindigkeiten, das war es dann aber auch schon .
Auf die "Schnelle" lässt sich wie bei einigen Vorgängermodellen auch in einem Extra-Fenster die Konfiguration der Maschine einstellen, so dass man auch ohne Frust recht schnell startbereit ist. Trotzdem wäre z.B. ein Tutorialflug oder wenigstens eine kurze Anleitung, wie sie bei anderen Herstellern lange üblich ist, auch hier ein große Hilfe gewesen.
Wie schon bei der Saab 340 oder der Do 228 haben die Besitzer des GTN 750 (RXP oder Flight1) die Möglichkeit, dieses Navigationsgerät statt des Carenado-eigenen FMC zu benutzen. Leider gibt es hier aber nicht die Möglichkeit, mit aktuellen AIRACS zu fliegen, da das GTN 750 auf die Daten des Garmin-Trainers zurückgreift. Das FMC von Carenado lässt sich immerhin mit einem Abo von Navigraph aktuell halten, was Online-Piloten sicher freuen wird.
Fliegerisch macht die ATR 42 eine Menge Spaß. Auch ohne den (etwas verbugten) Autopiloten lässt sich das Flugzeug sehr gut beherrschen und bringt gerade bei etwas kniffligeren Situationen viel Freude. Auch abgestellt auf dem Apron macht sie ein gute Figur. Der Gang zur Toilette hinten in der Kabine ist zwar möglich, selbige lässt sich aber nicht wie ehemals der der ATR von Flight1 benutzen .
Abschließendes Fazit: Liebhaber der ATR 42-500 kommen aufgrund des wunderschönen Modells sicher voll auf ihre Kosten. Carenado ist hier mal wieder ein echtes Kunstwerk gelungen. Leider lässt die Systemtiefe zu wünschen übrig. Die "alte" ATR von Flight1 beherrschte z.B. den "Hotel-Mode". Da das Flugzeug keine APU besitzt, kann man die rechte Turbine in einem Service-Modus laufen lassen, der für ausreichend Strom auf der Abstellposition sorgt. Solche Dinge sucht man leider ebenso vergeblich wie eine vernünftige Dokumentation. Hardcore-Turboprop-Piloten werden deshalb sicher bei der Dash 8 von Majestic bleiben.